Sexualität gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen und ihre Bedeutung geht weit über die reine Fortpflanzung hinaus. Die meisten Menschen würden sicher bestätigen, dass für sie eine befriedigende Sexualität zu einer guten Lebensqualität gehört. Natürlich ist Sexualität eine Grundvoraussetzung zur Erfüllung des Kinderwunsches, jedoch finden sich gerade bei Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch oftmals Störungen des Sexuallebens. Insbesondere kommt es, sobald die Diagnose einer Fertilitätsstörung gestellt wurde, oftmals zu einer Reduktion der sexuellen Aktivität des Paares.
Etwa 40% der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch berichten über Störungen der Sexualität, betroffene Frauen geben sogar in 56-76% der Fälle entsprechende Probleme an. Dabei stehen Lustlosigkeit, Orgasmusstörungen, Dyspareunie, Vaginismus sowie Erregungsstörungen im Vordergrund. Bei den betroffenen Männern berichten 31% über Sexualstörungen infolge des unerfüllten Kinderwunsches. Dabei spielen Erektionsstörungen sowie die Ejakulatio präcox mit 16-22% bzw. 16-32% die größte Rolle.
Die Autoren der aktuellen Studie empfehlen folgende Lösungsstrategien zur Gestaltung der Sexualität vor dem Hintergrund des unerfüllten Kinderwunsches:
- Bewusst sexuelle Aktivität außerhalb des fertilen Zeitraums im Zyklus anstreben
- Aufklärung über den sinnvollen Zeitraum und sinnvolle Frequenz für den Geschlechtsverkehr im Hinblick auf den Schwangerschaftswunsch
- Gezielte Therapie definierter Störungen, z.B. Phosphodiesterase-5-Hemmer bei erektiler Dysfunktion, lubrifizierende Substanzen bei Dyspareunie etc.
- Bei Therapierefrakterität:gezielte Sexualtherapie des Paares
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sexuelle Störungen nur sehr selten als Ursache, aber vergleichsweise häufig als Folge des unerfüllten Kinderwunsches auftreten. Sexuelle Störungen stellen dann einen zusätzlichen „Stressfaktor“ für das Paar dar. Gezielte Aufklärung und Beratung kann den Paaren oftmals den „Druck“ nehmen und damit wieder erfüllte Sexualität ermöglichen. In therapieresistenten Fällen kommt ggf. die sexualtherapeutische Intervention in Frage.
Lit.: Leeners et al.: Unerfüllter Kinderwunsch und Sexualität. Gynäkologische Endokrinologie 2017; 15, 193-199